Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
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14. Tag: Lübben-Küstrin 121 Km

Manchmal frage ich mich wirklich, wie Navigationsgeräte zu ihren Kilometerangaben kommen. Ich hatte mit 107 Kilometern gerechnet, am Ende wurden es 121. Das war nicht tragisch, weil die Etappe wirklich ohne große Herausforderungen verlief. Steigungen sind die absolute Ausnahme, und wenn eine kommt, kann man sie problemlos auch mit preiswerten Fahrrädern ohne Motorunterstützung bewältigen. Allerdings ist nicht jeder Teil der Tour asphaltiert. Hin und wieder führt das Navi einen in Waldstücke mit grenzwertigen Wegen. Aber das sind nur Spitzfindigkeiten. Fakt ist aber, dass die Beschilderung sehr gut, aber auch sehr kleinteilig ist. Kein Wunder: Die Planer richten sich vor allem an Touristen, die mehrere Tage in der Region eingeplant haben. Nicht  ganz zu Unrecht. Denn der Raum zwischen Görlitz und Küstrin ist ein echtes Radfahrerparadies. Hier lassen sich problemlos gleich mehrere Rundtouren planen. Und man kann willkommene Alternativen nutzen und sich ein beispielsweise ein Boot mieten. Keine Frage: Die ganze Region gehört zu den schönsten Ferienregionen in Deutschland.  Und das liegt nicht nur am Neißeufer und dem Spreewald, sonder daran, dass es quasi überall etwas zu entdecken gibt. Viele malerische Dörfer und Naturschutzgebiete sind Markenzeiche der Region.

 

Ich selbst habe ja in Lübbben die klassische Spreewald-Radroute verlassen, weil ich ja wieder an den  Oderradweg  wollte. Ich war positiv überrascht, weil ich davon ausgegangen war, eine Querverbindung entlang der Hauptstraßen zu nehmen. Mitnichten! Direkt hinter Lübben beginnt eine Seenlandschafft, und ich gehe davon aus, dass sie nicht von der Natur, sondern von Menschen geschaffen wurde. Denn es gibt noch Spuren der Baustoffindustrie. Das müssen sich auch Klimahysteriker klarmachen: In den vergangenen Jahren sind in diesen Gebieten neue Biotope jnd Naturschutzgebiete entstanden. Überhaupt  sollte jeder Klimapessimist mal in die neuen Bundesländer fahren. Für einen Rheinländer ist es fast unglaublich, wie lange man durch Landschaften radeln kann, ohne jemanden zu treffen. Nach etwa 68 Kilometern auf dem Weg von Frankfurt/Oder kommt man am Ort M…see mit dem gleichnamigen Badesee vorbei. Rast gemacht habe ich nicht am See, sondern in der Ortsmitte beim Kriegerdenkmal. Micha’s hieß die kleine Gaststätte, in der die Küche große, appetitlich angerichtete Portionen verließen. Schnitzel mit Spargel für noch nicht einmal 13 Euro. Erneut bestätigte sich die Regel: Wo die Einheimischen essen, ist es meistens preiswert und gut. Ich hatte leider noch keinen Hunger und bestellte mir zwei Halbe, für die der Wirt 4,40 Euro insgesamt berechnete. So etwas ist außerhalb von Oberfranken sehr selten. „Es muss laufen, ist doch besser, als dass  das Bier im Fass bleibt“, argumentiert der Chef und fügte hinzu „Ich mach das schon seit 40 Jahren..“ Da sollte man wirklich mal mit einer großen Gruppe  zurückkommen.

 

Inzwischen hatte sich der Himmel zugezogen. Ob der warme und schöne Tag nun mit einem der  angekündigten schweren Gewitter zu Ende ging, die andernorts, vor allem in Bayern schwere Schäden anrichten sollten? Erneut hatte ich Gück. Kurz vor Frankfurt/Oder tröpfelte es ein wenig. Und ich packte die Regenjacke ganz schnell wieder weg. Viel zu warm! Als ich dann an den Oderradweg kam, bekam ich nur noch einige Tropfen ab. Direkt hinter Frankfurt wird man sehr unglücklich auf rumpelige Feldwege geleitet. Dafür wird man mit einem unvergleichliches Naturerlebnis in den Oderauen entschädigt. Ja, es war wirklich der offizielle Weg, wie mir nach gut drei Kilometer der klassische grüne Pfeil für Radtourer offenbarte.  Nach gut fünf Kilometern kommt man zum Glück  auf eine asphaltierte Radtrasse, die störungsfrei bis Küstrin durchläuft. Und bis dahin ist auch die Beschilderung sehr ordentlich. Ich bin mir übrigens sicher, dass man die Rumpelstrecke voller Stechmücken umfahren kann,

 

Je mehr es auf Küstrin zuging, desto besser wurde das Wetter. Etwa 25 Kilometer vor dem Ziel hatten sich die Wolken verzogen. Es wurde sonnig und sehr warm. Als ich gegen 17.30 Uhr am Hotel Bastion ankam, war es offiziell 29 Grad. Da es kaum Schatten gab, lagen die Temperaturen gefühlt höher. Das Hotel selbst war eine Überraschung. 37 Euro für das Einzelzimmer, das neben einem Kühlschrank sogar eine Klimaanlage. Dann ein Abendessen zum Kampfpreis: Schweizer Schnitzel mit Bratkartoffeln, dazu zwei gute polnische Biere und zum Abschluss einen guten Capuccino für nicht mal 10,50 Uhr. Ohne Murren wurde Kartenzahlung akzeptiert, für ein Abend wollte ich keine Zloty eintauschen. Mein Fazit: Man sollte mal wieder eine Polentour machen. Wir haben das 2001 per Auto gemacht und waren schon damals angenehm überrascht …

 

Bliebt nur noch die Frage, warum das moderne Hotel, das von Einkaufsmöglichkeiten und zwei Tankstellen umgeben ist, Bastion heißt. Die Antwort findet sich nur wenige Schritte hinter dem Hotel: Dort befanden sich einst Festung und Altstadt von Küstrin.  Erhalten geblieben sind noch Teile der Festungsanlagen mit Kasematten. Es gibt sogar Führungen. Ansonsten wurde gegen Ende des Krieges alles dem Erdboden gleichgemacht. Küstrin gehörte  zu den letzte Wiederstandsorten der Wehrmacht im Osten. Dass man heute problemlos zwischen der deutschen und der polnischen Seite hin- und herfahren kann, grenzt fast an ein Wunder. Wir sollten aufpassen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Die Überwindung von Barrieren ist nämlich nicht nur ein Verdienst der Deutschen und ihrer östlichen Nachbarn, sondern auch die die der Europäischen Union Aus meiner Sicht ist es die wichtigste Aufgabe der EU zu  verhindern, dass eine rücksichtlose US-Politik alte Animositäten  wieder aufleben lässt. Wozu das führen kann, zeigt gerade das Beispiel von Küstrin, das heute, eine moderne Stadt ist.

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