Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
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1. Tag: Koblenz-Mainz-Finthen 93,6 km

Um es vorweg zu sagen: Tagesziel der Tour 2016 waren wie immer 100 Kilometer. Und obwohl ich die Marke gleich am ersten Tag unterboten habe, war ich so fertig, als hätte ich 140 Kilometer hinter mir. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der Hauptgrund war der extrem harte Aufstieg nach Mainz-Finthen, der andere Grund war meine - zugegeben - miserable Form. Im Vergleich zum Vorjahr hatte ich beim Tour-Einstieg 5 Kilogramm mehr auf den Rippen. Das lag zum einen am bescheidenen Wetter-Start in die ersten vier Monate 2016, zum anderen an meiner Arbeitsüberlastung, die Vorbereitungstouren und Besuche im Fitnessstudio schier unmöglich machten. Ergebnis: Ich lag am Abend erst einmal im Bett und streckte alle Viere von mir, bevor ich überhaupt an ein Abendendessen denken konnte.

 

Doch erst einmal der Reihe nach. Losgefahren bin ich erst um 14 Uhr, weil ich noch einiges für die RZ und die HwK fertigmachen musste. Fazit: Schon am ersten Tag offenbarte sich die erheblichen Nachteile des Vorbuchens. Ich hatte mir die Hotel-Pension Alt-Finthen in der Flugplatzstraße ausgeguckt. Um es vorweg zu sagen: Ich wurde nicht enttäuscht, wenn auch die Betten etwas weich waren. Für 45 Euro gab es ein top ausgestattetes Doppelzimmer zur Alleinnutzung - inklusive Kochecke.

 

Das Problem war - wie bereits angedeutet - der Weg dorthin. Die ersten 65 Kilometer nach Bingen waren wie 2015 kein Problem, zumal es entgegen aller Vorhersagen trocken blieb. Erst in Bingen verdüsterten sich die Wolken, was jedoch den Reizen der Rheinauen-Tour bis Ingelheim keinen Abbruch tat. In Ingelheim selbst hat man zwei Möglichkeiten: Man fährt am Rhein bis nach Mainz weiter. Das ist die sinnvollste Variante, wenn man ein preiswertes Zimmer einige Wochen im Voraus gebucht hat. Ich war wieder einmal zu spät dran und scheiterte an der magischen 50-Euro-Marke. Deshalb Finthen.

 

Fazit der kurzen Teiletappe von Ingelheim nach Finthen: An die gut 13,5 Kilometer werde ich bis zum Ende meines Lebens denken. Denn auf einem Teilstück lauerte direkt die gemeinste Steigung der gesamten Tour. Wer die Koblenzer Karthause kennt, kann mitrechnen. Das Ganze mal Drei und steiler. Ich entschloss mich zu schieben. Es war echt ekelhaft, zumal das Gepäck das Fahrrads mich bergabwärts zu ziehen schien. Ich erhielt somit ein Armuskeltraining, dass ich so lange ausgesetzt hatte.

 

Ich hätte bereits am ersten Tag das Navi richtig einsetzen sollen. Ich hatte nicht gedacht, dass es so schwierig ist, Ortskundige nach dem Weg zu fragen. Die waren schlicht und ergreifend nicht zu sehen. Entweder waren die Straßen in den kleinen Orten menschenleer, oder Flüchtlinge/Asylanten beherrschten die Szenerie, vor allem in Ingelheim. Ich hätte sie ja auch nach dem Weg gefragt, aber sie schienen mit ihren Smartphones verwachsen zu sein. Als ich eine Frau befragen wollte, die mir auf dem Fahrrad entgegenkam, radelte sie kommentarlos an einem vorbei. Man soll ja nichts überinterpretieren ….

 

Warum ich überhaupt nach dem Weg fragen musste? Ganz einfach: Es gab Baustellen und Umleitungen, und da kann  man schon mal durcheinander kommen. Kleine Kritik: Wie Radfahrer auf Bundes- und Landesstraßen weiterkommen, ist nicht immer zu ersehen, obwohl die Beschilderung grundsätzlich gut ist. Allerdings offenbart Letztere den Ansatz der Strategen, Radfahrer durch malerische Landschafen zu schicken. Die Zielgruppe ist ja klar definiert: Junge Familien und Paare, die es lieben, 20 bis 30 Kilometer im Kreis zu fahren - und dann wieder alles ins Auto packen. Der klassische Radreisende zwischen 40 und 60 Jahren ist keine Zielgruppe, obwohl er mehr oft mehr Geld in der Gastronomie lässt als andere.

Auf dem Weg von Mainz-Finthen ins Tal. Blick auf Mainz-Gonsenheim.

Aber egal, am Ende des Tages wurde ich für die Strapazen richtig entschädigt - und zwar im Gasthof Adler, wo es Spargel und Getränke aus der Region gab. Ersterer war etwas teurer als am Mittelrhein, Letztere waren aber dafür günstiger als in Koblenz. 0,4 Liter Bier für drei Euro hervorragender regionaler Wein, die 0,25-Liter-Karaffe für 3,50 Euro.

 

Gleich am ersten Abend habe ich den besten Wein für Kompromisstrinker entdeckt, den ich bislang getrunken habe: Schloss Westerhaus Spätburgunder Rose halbtrocken aus Ingelheim, der auch noch leicht perlte, Nach einem  harten Tourentag genau das Richtige.

 

Der schöne, aber strapaziöse Auftakt der Tour 2016 ließ mich in ketzerische Gedanken abschweifen. Während in Koblenz die Strategen noch einen Tag vor meiner Abfahrt über die richtige Vermarktung der Region Koblenz-Mittelrhein diskutierten, zeigt die Praxis, dass es in der Wirklichkeit ganz einfacht ist. Qualität zu halbwegs zivilen Preisen ist der Schlüssel zu allem. Wenn sich die Koblenzer Gastronomie bei Burgern und Bitburger regelrecht gleichschaltet (ohne dass dies jemand fordert - Selbstgleichschaltung liegt offenbar voll im Trend), braucht sich niemand wundern, wenn Touristen nach einem oder zwei Tagen gelangweilt weiterreisen. Nur auf die jugendlichen Zielgruppen oder junge Familien zu setzen, ist nicht das Allheilmittel. Andere Zielgruppen werden abgeschreckt. Meine persönliche Meinung: Jeder spricht vom demografischen Wandel, zieht aber nicht die richtigen Konsequenzen draus.

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